Schiedsgericht: Saar-Grüne müssen Frauenstatut umsetzen

Im Frühjahr 2017 haben die Saar-Grünen ihre Landesliste zur Bundestagswahl aufgestellt. Nach dem Frauenstatut der Partei ist Platz 1 grundsätzlich Frauen vorbehalten (davon kann nur abgewichen werden, wenn keine Frau kandidiert oder die erforderliche Mehrheit erhält). Der amtierende Landesvorsitzende Markus Tressel kandidierte trotzdem. Er setzte sich gegen die langjährige Saarbrücker Kommunalpolitikerin und VCD-Landesvorsitzende Andrea Schrickel durch und zog bei der Wahl in den Bundestag ein.

Auf Antrag von Schrickel und drei saarländischen Ortsverbänden hat das Bundesschiedsgericht die Saar-Grünen nun für diese Vorgehensweise gerüffelt: In einer Grundsatzentscheidung hat es festgestellt, dass das strenge Frauenstatut des Bundesverbandes auch im saarländischen Landesverband anzuwenden ist. Das schwächere Frauenstatut des Saar-Verbandes, auf das dieser sich berufen hatte, ist damit unwirksam.

Die ausführlich begründete Entscheidung des Bundesschiedsgerichts, an der auch die Saarbrücker Jura-Professorin Dagmar Richter mitgewirkt hat, hat unmittelbare Auswirkungen auf die Partei: Der amtierende Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende Markus Tressel kann damit bei der nächsten Bundestagswahl nur für den aussichtsreichen Platz 1 der Landesliste kandidieren, wenn zuvor keine Kandidatin die erforderliche Mehrheit erhält sowie ein besonderes und mehrstufiges Verfahren eingehalten wird. Sein jetziges Mandat darf er nur behalten, weil man es ihm nach erfolgter Wahl rechtlich grundsätzlich nicht mehr entziehen kann. Das Bundesschiedsgericht spricht in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich von einem „Mangel des Wahlverfahrens“.

Die Antragstellerin Andrea Schrickel freut sich über die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der Partei: „Das ist Rückenwind aus Berlin für die Veränderung so mancher verkrusteter und einseitig männlich dominierter Strukturen in unserem Landesverband. Die saarländische Landessatzung muss jetzt schleunigst angepasst werden.“

„Auch die grünen Kreis- und Ortsverbände im Land werden die Entscheidung ab sofort beachten und mit einer echten Quotierung endlich ernst machen müssen,“ schließt sich Lisa Becker von den Grünen Blieskastel als weiterem Antragsteller an, die dort seit der letzten Kommunalwahl als 1. Beigeordnete tätig ist. Da sei noch viel zu tun in ihrem Landesverband. „Schließlich werden die Grünen von vielen Frauen und nicht zuletzt gerade wegen ihrer fortschrittlichen Frauenpolitik gewählt,“ meint auch Stadtratsmitglied Grit Salomon von den Friedrichsthaler Grünen, die ebenfalls vors Bundesschiedsgericht gezogen sind.

So sieht das auch Anne Lahoda, die Vorsitzende des Saarbrücker Ortsverbands Halberg, der mit Schrickel und den anderen Ortsverbänden in Berlin einen wichtigen Erfolg errungen hat. „Die Tatsache, dass Platz 1 der Liste im Saarland in den letzten Jahrzehnten bis auf eine Ausnahme immer mit einem Mann besetzt war, macht deutlich, dass es in unserem Landesverband offensichtlich Nachholbedarf bei der paritätischen Beteiligung gibt.“

Übrigens hat die Entscheidung bei den Saar-Grünen bereits Wirkung gezeigt. So wehrt sich beispielsweise ein Saarlouiser Landesvorstandsmitglied dagegen, dass der mitgliederstarke Ortsverband in der Kreisstadt mit Hubert Ulrich und Alexander Maul von zwei Männern geführt wird. Und weil der Ortsverband Überherrn nur männliche Delegierte entsandt hat, wurde sogar der letzte Landesparteitag angefochten.

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